Brief der Schulleiterin Silke Müller zum Schuljahresende 2024

                                                                                                                      Waldschule Hatten, 20.06.2024

 

Liebe Eltern, liebe Wegbegleiter unserer guten alten Waldschule,

kaum sind wir ins Jahr 2024 gestartet, da ist es schon wieder Ende Juni, und die Sommerferien stehen in Niedersachsen vor der Tür. Es ist unglaublich, wie die Zeit zu verfliegen scheint.

Eine Zeit, in der die Kinder fröhliche, anstrengende, aufregende, langweilige und spannende Schultage durchlebt haben. Zeiten, in denen viel gelacht, aber sicher auch einmal geschimpft wurde – über schlechtes Wetter, die viel zu schwere Klassenarbeit, den anstrengenden Klassenlehrer, die zu strenge Schulleitung. Vielleicht bleiben den Kindern einige der wunderbaren und fröhlichen Tage und Momente in Erinnerung, vielleicht sogar für immer. Auch Sie haben sicherlich hin und wieder einzelne lustige Szenen aus Ihrer Schulzeit im Kopf, die man irgendwie nie vergisst.

Gleichzeitig verfliegt auch die Zeit im gesellschaftlichen Alltag, der leider viel zu wenig von hellen und fröhlichen Momenten durchzogen ist. Möglicherweise teilen Sie meinen Eindruck, dass über uns dauerhaft graue Stimmungswolken hängen, die sich auch auf den ganz persönlichen Lebensalltag auswirken. Ob es Stress, Hektik und zu wenig Freizeit sind, Streit und Auseinandersetzungen, eine seltsame Stimmung bei der Arbeit oder Dinge, die eigentlich vollkommen nebensächlich sind, über die man sich aber dennoch aufregt, irgendwie beeinflusst all das unsere eigene Stimmung. Die Gesellschaft scheint nicht nur im Großen förmlich auseinanderzubrechen, sondern auch im Kleinen immer mehr zu zersplittern. Dabei scheint das Fingerzeigen auf andere, die angeblich und in der eigenen Be- und Verurteilung für all die Miseren verantwortlich sind, immer deutlicher und sichtbarer zu werden.

Während wir uns also unter diesen grauen Wolken eingerichtet haben, vergessen wir vielleicht viel zu oft den Blick auf unsere Kinder. Was leben wir ihnen vor? Welchen Blick auf die Welt eröffnen wir ihnen? Sind wir Vorbild darin, den Jungs und Deerns zu zeigen, dass jeder von uns die Möglichkeit hat, die Welt im Kleinen ein wenig bunter und fröhlicher zu machen?

In der diesjährigen Rede für unseren Abschlussjahrgang habe ich den Absolventinnen und Absolventen den Song „Diese Welt braucht Liebe“ vorgespielt. Hierin heißt es:

„Diese Welt braucht Liebe und irgendeiner muss was tun.
Doch ich kann es nicht alleine, wo sind all die Helden hin?
Oh, wir brauchen Zuversicht und gute Tipps, es reicht schon,

wenn Du mutig bist.“

 

Genau diese Botschaft möchte ich auch heute an unsere Waldschulfamilie aussenden. „Irgendeiner muss was tun“. Irgendeiner sind aber eben am Ende nicht die anderen, es ist jeder von uns.

Unsere Kinder sind letztlich das Wichtigste, was wir haben und gleichzeitig sind sie unsere Zukunft, in der all die individuellen, großartigen jungen Menschen irgendwann Verantwortung übernehmen müssen, bereit sein müssen, Kompromisse einzugehen und vor allem Demokratie und Frieden zu wahren. Große Worte, aber doch eigentlich so einfach umzusetzen im Alltag.

Wenn wir es sind, die etwas tun können, dann sollten wir damit anfangen, den Kindern zu zeigen, wie diese Welt aus der grauen Wolkendecke herauskommt, von der ich am Anfang sprach. Der Pädagoge Fröbel prägte den Satz: „Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts.“ Seien wir den Kindern wieder mehr Beispiel. Zeigen wir ihnen, was es heißt, respektvoll miteinander umzugehen. Gespräche und Lästereien über andere Menschen gehören vielleicht gefühlt schon zum Alltag, aber wäre es so schlimm, wenn man jeden einfach sein lässt, wie er oder sie ist? Ist es so schwer, miteinander und nicht übereinander zu reden? Ist es eine große Anstrengung, jemand anderen auf der Straße, in der Bahn oder im Supermarkt einfach anzulächeln?

Kleine Gesten, die aber doch Veränderung bedeuten könnten. Genauso wäre es doch fantastisch, wenn man mit dem Sohn oder der Tochter im Restaurant sitzt und die anderen Gäste beim Reden beobachtet und nicht dabei, wie jeder auf sein Handy starrt. Die Kinder erleben uns Erwachsene viel zu oft mit dem Kopf über das Handy geneigt, während wir sie für selbiges verurteilen. Beispiel sein, Vorbild sein. Dies fängt bei jedem von uns zuhause an.

Beispiel und Liebe. Auch hier habe ich eine aufrichtige und sehr ernst gemeinte Bitte: Nehmen Sie sich bitte Zeit für Ihre Kinder. Zeigen Sie ihnen, wie stolz Sie auf Ihren Sohn oder Ihre Tochter sind, ganz gleich, ob die Pubertät gerade mal etwas schwierig ist.

Ihre Kinder erhalten nun ihre Zeugnisse, in denen Noten die Leistungen des Schuljahres darstellen. Genau das ist der springende Punkt: Es sind Leistungen und nicht die Persönlichkeit Ihres Kindes. Natürlich kann man sich gemeinsam über tolle Noten freuen und überlegen, wie es mit dem einen oder anderen Fach im nächsten Jahr besser laufen könnte. Und wenn es eben Fächer gibt, in denen es nie wirklich besser läuft, obwohl man sich bemüht (bei mir war es Mathe;-)), dann ist das so. Kinder sind tolle Menschen, was ein Blatt Papier niemals abbilden kann. Jedes einzelne Kind ist ein toller Mensch! Ihr Kind ist ein toller, liebenswerter Mensch!

Nicht nur diese Welt braucht Liebe, unsere Kinder brauchen sie umso mehr. Die Kinder sind belastet durch all die fürchterlichen Inhalte in sozialen Netzwerken, durch schlechte Nachrichten. Sie sind beeinflusst und manipuliert durch immer mehr Fakes und Deepfakes. Wirklich schützen können wir unsere Kinder nicht vor Inhalten und Alltag. Wir können sie aber stark machen, indem wir ihnen zeigen, dass die besten Mittel und die stärksten Waffen gegen all das Unrecht, jede Gemeinheit und jede Anstrengung und Traurigkeit Mitmenschlichkeit, Liebe und Respekt sind.

Liebe Eltern, liebe Freunde und Wegbegleiter der Waldschule. All das hört sich sicher sehr pathetisch an und klingt fast wie bei einer Predigt in der Kirche. Aber mal ehrlich – wäre es so schwer, dass wir bei uns selbst anfangen, die Welt zumindest in Hatten, Wardenburg, Oldenburg, Dötlingen, Wildeshausen und überall sonst, wo wir unterwegs sind, etwas besser zu machen? Fröhlich und freundlich zu sein, Kinder in den Arm zu nehmen und genau die Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, die sie brauchen, sollte für uns niemals auch nur annähernd anstrengend sein.

Also fangen wir doch genau heute damit an. Schicken Sie Ihre Kinder mit einer festen Umarmung zur Zeugnisausgabe. Wenn Sie bei der Rückkehr des Kindes nicht zuhause sein können, hinterlassen Sie doch einfach einen netten Zettel mit einer kleinen, liebevollen Botschaft und einer kleinen Süßigkeit oder schreiben Sie eine nette Nachricht aufs Handy. Nehmen Sie Ihr Kind in den Arm, auch wenn Kinder das dann erstmal natürlich uncool finden. Insgeheim sucht und braucht jedes Kind Liebe, Nähe und Geborgenheit und hat all das so sehr verdient.

Wir hier an der Waldschule sind sehr stolz und dankbar, dass wir Ihre wunderbaren Söhne und Töchter eine Weile durch ihr junges Leben in einer besonders prägenden Zeit begleiten dürfen. Halten wir auch in den nächsten Jahren dabei weiterhin fest zusammen, wenn es darum geht, durch die Zeiten des Alltags zu navigieren. Lassen Sie uns gemeinsam Beispiel sein und Liebe geben.

Im Namen aller Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitenden danke ich Ihnen für das uns entgegengebrachte Vertrauen und ich danke unserem Schulträger, dem Förderverein, unseren Ganztags-Partnern, Frau Mlodzian als schulfachliche Dezernentin und allen Mitarbeitenden des RLSB sowie unserem Schulträger und Björn Kempf sowie allen Partnern und Freunden von Herzen für die Unterstützung, die uns schon seit langen Jahren auf verschiedene Art und Weise entgegengebracht wird.

Von Herzen wünsche ich Ihnen einen hoffentlich warmen und sonnigen Sommer und viel Spaß dabei, selbst ein wenig Held zu sein auf dem Weg, die Welt wieder in Ordnung zu bringen.

Ihre

Silke Müller

Schulleiterin

PS: Falls Sie sich die Rede an den diesjährigen Abschlussjahrgang ansehen möchten, finden Sie diese hier: https://vimeo.com/958484555/93794657a3

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